El Nido - Bootstour
Philippinen

Die Blaupause

Wir schweben fast schwerelos im warmen blauen Wasser. Wasser, blau wie Stahl, der bei 300 Grad mit Sauerstoff verschmilzt und Kornblume als schimmernde Farbe auf der Oberfläche hinterlässt. Die leichte Dünung hebt unsere Körper immer wieder aus dem Wasser, bevor wir einmal mehr sanft im Wellental abgesetzt werden. Wir hängen uns an den Ausleger unseres Bootes und genießen von dort das wunderschöne Panorama des Archipels.

Die Zeit läuft gegen uns. Ich springe aus dem Taxi und greife mir den erstbesten Trolley den ich finden kann. Mit zwei schnellen Handgriffen wuchte ich unser Gepäck auf diesen und ab geht`s zum Terminal. Wo ist Angie? Hinter der sich im Sonnenlicht spiegelnden Frontscheibe sehe ich sie mit Händen und Füßen reden. Ich kneife meine Augen zusammen und winke ihr zu – Mensch, mach hin. Der gut aufgelegte Sicherheitsbeamte begrüßt mich freundlich und möchte meinen Reisepass sehen.. Pass, Pass, Pass…. „Angie, die Pässe“. Völlig aufgelöst keucht Angie von hinten heran und stammelt: „Der wollte mich bescheißen, das Schwein. Er hat die Türen verriegelt und mir den 1000 Peso Schein aus der Hand gerissen. Fuck, und dann? Ich hab ihn angeschrien bis er mir 700 zurück gegeben hat und mich raus ließ. „Verdammte Scheiße, das fängt ja gut an“. Zum Glück ist nichts weiter passiert. Jetzt aber los, der Flug wartet nicht. Gerade noch rechtzeitig erreichen wir den „CheckIn Schalter“ und können Durchatmen. Auf geht`s nach Bohol.

Das Planen jedweder Reisetätigkeit ist Angie`s Leidenschaft, wobei ich mich ein wenig an dem Wort „Leiden“ störe, fällt sie doch eher in einen Zustand höchster Euphorie und Zufriedenheit. In der heißen Planungsphase erwische ich sie des Nachts häufig dabei, wie sie gerade jeden Stein unseres nächsten Reisezieles digital umdreht. Meistens vernehme ich im Halbschlaf nur ihre sanften Worte „Schlaf ruhig weiter, ich guck nur ein bisschen“. Nach ein paar intensiven Wochen des Quellenstudiums präsentiert sie mir dann das „Rund-um-Sorglos-Paket“ für unsere nächste Reise. Ein ganz dickes Dankeschön dafür. Ich bin heilfroh darüber, das Angie diese Beschäftigung so liebt, würde doch bei mir die ganze Sucherei wirklich Leiden schaffen.

Grundsätzlich beginnt für uns jede Asienreise zunächst in Bangkok, bevor wir das eigentliche Reiseziel ansteuern. Die Tage in der thailändischen Metropole verbringen wir meistens mit so banalen Dingen wie dem ziellosen Busfahren, Essen oder dem Beobachten von Zweibeinern. Ein ebenfalls wichtiges Thema sind die Reisebekanntschaften. Auch bei diesem Aufenthalt wurden wir wieder fündig und absolvierten den ein oder anderen Gesprächsmarathon, sogar bis hin zum frühen Morgen.

Trotz Angie`s ausgiebiger Reiseplanung mussten wir einige ungeplante Hürden meistern, auf die wir allerdings nur begrenzten Einfluss hatten. Die stressige Manila-Taxi-Nummer“ verdanken wir Philippine Airlines, die nach erfolgter Buchung die Flugzeiten änderten. Bei der Wahl zwischen „Pest“ – eine Nacht in Manila verbringen, und „Cholera“ – Zeitdruck mit möglicher Taxiabzocke, entschieden wir uns trotzdem leichten Fußes für die einschlägige Durchfallerkrankung, ohne bereits hier dem „Wink des Zaunpfahles“ als zu viel Bedeutung beizumessen.

Nach einer Stunde Flug setzen wir auf dem letzten Zipfel der Insel Bohol auf, bezahlen noch einmal verdächtige 300 Peso Taxi, dürfen uns aber im Anschluss über eine wirklich schöne Unterkunft freuen. Ehrlich gesagt, haben wir nicht wirklich viel vom Alona Beach gesehen, da wir am Nachmittag ankamen und am nächsten Morgen bereits weiterreisen mussten. Nur soviel. Wie alles Urbane das der Transformation vom Fischerdorf zur Tourismushochburg unterliegt, wird auch hier geklotzt, dass sich die Balken biegen. Wo das Geld regiert, bleibt bekanntlich die Ästhetik schon mal auf der Strecke. Aber was rede ich über längst ausgelatschte Schuhe. Ein Unterschied im Straßenbild fällt dem aufmerksamen Betrachter vielleicht dennoch ins Auge. Aus unserer Sicht ist die Ursache hierfür höchstwahrscheinlich im Minnesang eines koreanischen Reiseführers zu suchen.

Im landestypischen Stil lassen wir uns mit einem „Tricycle“ bis Tagbilaran City fahren, der größten Ortschaft der Insel. Wem „Tricycle“ nichts sagen sollte, der stelle sich ein überdachtes, untermotorisiertes Motorrad mit Beiwagen vor, das für alles Schnellere auf philippinischen Straßen den Ruf einer beweglichen Straßenblockade verteidigt. Überraschender Weise wird auf den Philippinen „grundsätzlich“ eher defensiv gefahren. Weder wird der Untermotorisierte überbordend abgedrängt, noch lässt sich dieser den „Platz an der Sonne“ unnötig streitig machen. Unter Berücksichtigung der vorhandenen Straßenverhältnisse wird man so Zeuge einer perfekt verinnerlichten Entschleunigungschoreographie mit den Kinesisformen Abbremsen und Beschleunigen“. Zeit für den Blick aus dem Fenster.

Bohol ist eine sehr grüne und ursprüngliche Insel. Die Menschen leben unter meist einfachen Verhältnissen, Tendenz aber steigend. Wer schon einmal durch das indonesische Hinterland gereist ist, könnte gewisse Ähnlichkeiten erkennen, jedoch mit einem signifikanten Unterschied. Auf den Philippinen ist es wesentlicher sauberer. Den Grund hierfür findet man in der kontinuierlichen Vermeidung von Plastikmüll aller Art. Nachfüllwasser ist „au vogue“, aber Vorsicht, bitte immer die Verschlussverhältnisse prüfen, ansonsten winkt der Zaunpfahl.

Unsere nächste Station auf Bohol ist eine wunderschöne Bungalowanlage am Ufer des „Loboc River“, welche von einem philippinisch-europäischen „Joint venture de L‘amour“ betrieben wird. Obwohl ich nicht sicher bin, ob seine Wurzeln wallonisch oder flämisch sind, wähle ich mal die Sprache der Liebe für die Bezeichnung der Verbindung. Das Plätzchen ist für uns genau der richtige Ort für ein paar Tage der Reflexion, des Lesens oder auch nur dem ziellosen Umherstreifen in der Umgebung. Für rastlose Zeitgenossen sei angemerkt, dass man auch hier den gesamten Tag mit dem Befüllen seines digitales Fotoalbums verbringen kann. Die Aktivitäten reichen von Ausflügen in die Umgebung bis hin zum „Stand up Paddle“. Der eigentliche Tagestouristenmagnet ist aber ein anderer. Findige Köpfe bieten seit Jahren das Befahren des wunderschönen Flusses an. Auf den „All you can eat“ Booten werden nicht nur Speisen und Getränke gereicht, nein, es wird auch für gute Stimmung im Rahmen von Karaoke Shows gesorgt. Geniale Idee, da lacht doch jedes asiatische Herz. Eine weitere wirklich sehenswerte Attraktion sind die sogenannten „Chocolate Hills“ in der Mitte der Insel. Die 1.268 gleichförmigen Grashügel liegen wie ein überdimensionaler Noppenteppich in der Landschaft. Insbesondere während der Trockenzeit erstrahlt dann das verdorrte Gras in seiner namensgebenden Farbe. Die beste Gelegenheit für das Spielen mit Blende- und Belichtungszeit sind übrigens die Morgen bzw. Abendstunden. Wer sich ein wenig abseits der touristischen Pfade bewegt, bekommt sicherlich von dem einem oder anderen Einheimischen die Erlaubnis, seinen Haushügel zu besteigen. In gewohnter Art und Weise setzen wir unsere Reise fort. Von Carmen aus fahren wir mit dem lokalen Bus zur Fähre nach Tubigon, die uns wiederum auf die Nachbarinsel, mit der gleichnamigen Stadt Cebu bringt. Wie alle philippinischen Städte so dient uns auch Cebu nur als Transitstation, bevor wir am nächsten Tag weiterfliegen werden. Nach der Ankunft im Hostel drehen wir am Nachmittag noch eine Runde über die vorgelagerte Insel Mactan, bevor wir am Abend die Einladung des Hostelbesitzers zu einer BBQ Party anlässlich des zweijährigen Bestehens annahmen. Wenn man eins über die Filipinos sagen kann, dann sicherlich ihre ausgesprochene Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft Touristen gegenüber. Den Taxifahrer aus Manila verbuchen wir mal unter der Ausnahme von der Regel.

Inselhopping Teil 3 – Palawan. Wer auf die Karte der philippinischen Inselwelt schaut, findet Palawan ganz links außen. Eigentlich hatten wir mit einer „drei StoppStrategie“ für unseren Aufenthalt geplant, die wir aber aufgrund transporttechnischer „HochSaisonEngpässe“ auf Zwei reduzieren mussten. Wie jeder Tourist der nach Palawan kommt, so wollen auch wir, die wunderschöne Inselwelt mit ihrem tiefblauen Wasser erkunden. Los geht es in Puerto Princesa, der Inselhauptstadt, die ebenso das typische Schicksal einer Durchgangsstation teilt, sprich Landen und Abfahrt bzw. Rückkehr und Abflug. Mit einer illustren Runde im Mini-Van brechen wir nach Port Barton auf, das in Ermangelung eines richtigen Hafens auch den Namen „Beach Barton“ tragen könnte.

Die drei Stunden Fahrt nutzt Angie ausgiebig für ihre in Absatz 3 dargestellte Passion und reicht uneigennützig ihr Reisewissen an die mitreisende Mannschaft weiter. Port Barton – da wären wir wieder in einem dieser Fischerdörfer, die leider noch das Gröbste vor sich haben. Der Ort selbst sieht noch sehr ursprünglich aus und fühlt sich trotz Hochsaison relativ ruhig an. Die sichelförmige Bucht ist von überhängenden Palmen gesäumt, unter denen sich der Großteil des täglichen Lebens abspielt. Entlang des Strandes liegt eine Armada der typischen Auslegerboote vor Anker. Eines davon wartet bereits auf uns, liegt doch unsere kleine Bungalowanlage zwei Buchten weiter. Die kleine wunderschöne Anlage hat alles zu bieten, was der gestresste Urlauber so braucht. Ob Schwimmen, Schnorcheln, Bootfahren oder einfach nur relaxen am Strand, alles ist möglich. Zwei kleine Haken gibt es aber auch hier im Paradies. Zum Einen genießen allabendlich kleine Geschöpfe aus der Familie Phlebotominae“ den Sonnenuntergang am Strand. Zum anderen vermochte es das Management in diesem Jahr noch nicht, den Kokusnusspflücker“ auf die Palme zu bringen. Uns wurde geraten beim Laufen immer nach oben zu schauen, da wir so die Chance Eine zu fangen erheblich steigern könnten, insbesondere im Dunkeln.* Ein ganz besonderer Höhepunkt muss aber noch schriftlich festgehalten werden. Zum allerersten Mal auf Reisen trafen wir ein „richtig nettes“ französisches Pärchen. Wer schon etwas herumgekommen ist der weiß, dass es zwischenmenschlich mit unseren Nachbarn immer etwas schleppend läuft, warum auch immer.

Das scheinbar magische, tiefblaue Nass vor „Miniloc Island“, hält uns immer noch in seinem Bann, und wir verspüren nicht die geringste Lust es zu verlassen. Die Bootsausflüge im El Nido Archipel folgen dem immer gleichen Muster. Nach dem Ankern folgt der Sprung ins angenehm warme Meer zum Schwimmen und Schnorcheln über den vorgelagerten Korallenriffen. Wer sich lieber über dem Wasser bewegt, kann eines der mitgeführten Kanus nutzen, um die Buchten und Lagunen zu erkunden oder einfach nur entlang der Inseln zu paddeln. Mit Fug und Recht können wir die Ausflüge zur Inselwelt vor El Nido als landschaftlichen Höhepunkt unserer Reise bezeichnen.

Leider steht das von der Natur erschaffene Meisterwerk im Gegensatz zu den Leistungen der Zweibeiner an Land. Das einstige Fischerdorf El Nido liegt eigentlich perfekt eingebettet zwischen zwei Buchten, die zu allen Seiten durch schroffe Felsen oder ansteigendes Gelände begrenzt werden. Allerdings schlug auch hier die Transformation fehl, fühlt sich doch der Ort wie ein gewürfeltes Beton-Chaos“ an. Aber was nicht ist kann ja noch werden. Im Moment wird nämlich überall kräftig gebaut und der „alte“ Beton muss einem Neuen, auf dem Weg zur Massen-Touri-Hochburg“, weichen. Um das Gesamtbild abzurunden, sei angemerkt – “wer sucht der findet“ auch hier schöne Plätzchen. Wir hatten Glück bei der Suche und konnten mit Blick aufs Meer einen ganzen Nachmittag… oder waren es zwei… intensiv „Pina Colada“ verkosten.

Zu guter Letzt müssen wir noch über den besagten Zaunpfahl sprechen. Fast zwei Wochen lang stand er „fest gemauert in der Erde“, bevor er doch noch am vorletzten Tag zu winken begann. Wie bereits beschrieben, ist El Nido vor allem für seine landschaftliche Schönheit bekannt. Folgt man den einschlägigen Internetforen, so verkörpert der Ort ebenso das Symbol für die ungewollte „Abspeckkur“. Die Ursache diesbezüglich findet sich in einem weit verbreiteten, nicht näher verifizierten Darmkeim. Wie immer im Leben betreten derartige Plagen immer dann die Bühne des Geschehens, wenn man sie am wenigsten braucht. Die Fische konnten ihr Glück kaum fassen, wurden sie doch heute durch ein innovatives „2-Wegeventil-System“ gefüttert. Und wenn schon alles richtig Scheiße läuft, darf natürlich auch eine längere Busfahrt nicht fehlen. Zum Glück waren wir zu diesem Zeitpunkt aber schon „Imodium“.

In diesem Sinne wünschen wir euch eine schöne Zeit.

Eure beiden Weltreisenden

Angie & Thomas